Anruflinientaxi

Fahrerin des Anruflinientaxis, die einem Fahrgast beim Einsteigen hilft
Quelle: Rosa Frank

Was ist ein Anruflinientaxi? 

Das Anruflinientaxi verkehrt fahrplangebunden auf einem festen Streckennetz von Haltestelle zu Haltestelle. Dabei werden nur die Haltestellen bedient, für die ein Fahrgast im Voraus seinen Einstiegswunsch geäußert hat oder an denen ein Fahrgast aussteigen möchte. Mit dem Anruflinientaxi kann ein Grundangebot des  ÖPNV in ländlichen Räumen geschaffen werden, in denen der Einsatz von Linienbussen nicht wirtschaftlich ist. Das Anruflinientaxi dient dazu, Stadt- oder Regionalbusse zu ersetzen und stellt einen ersten Schritt zur Umgestaltung eines konventionellen ÖPNV-Angebotes dar. Für das Anruflinientaxi werden in der Regel konventionelle Taxen oder Großraumtaxen eingesetzt. Im Gegensatz zum Anruflinienbus bietet sich das Anruflinientaxi zur Beförderung kleinerer Personengruppen an, da überwiegend Fahrzeuge mit einer Fahrgastkapazität zwischen vier und acht Personen zum Einsatz kommen. Zudem wird das Anruflinientaxi in der Regel in Kooperation mit lokalen Taxi- oder Mietwagenunternehmen betrieben, sodass das Verkehrsunternehmen keine eigenen Fahrzeuge zur Verfügung stellen muss. 

Welche Vorteile bietet das Anruflinientaxi? 

Das Anruflinientaxi eignet sich für große Bedienungsgebiete mit mehr als 100 Quadratkilometern Fläche, geringem Fahrgastpotenzial (90 bis 290 Personen/Quadratkilometer) und linienhaften oder radialen Siedlungsstrukturen. Mit dem Anruflinientaxi können bei einem entsprechenden Fahrgastpotenzial durch Fahrplanbindung und dem Zu- und Ausstieg an Haltestellen Fahrtwünsche am besten gebündelt werden. So können Fahrplanlücken bestehender Linien ergänzt bzw. Linienverkehre zu Schwachlastzeiten oder in nachfrageschwachen Gebieten ersetzt werden. Durch die Fahrplanbindung erfordert die Fahrzeugdisposition in der Regel nur einen vergleichsweise geringen zusätzlichen Aufwand. Fahrzeugbeschaffung, -vorhaltung und -bereitstellung sowie das Fahrpersonal müssen zudem nicht durch das lokale Verkehrsunternehmen erbracht werden, sondern liegen in der Hand des Taxi- bzw. Mietwagenunternehmens. Aus Sicht der Kundinnen und Kunden bietet das Anruflinientaxi Vorteile, da mit Bedarfshaltestellen das Einzugsgebiet ausgeweitet werden kann und der ÖPNV mit Ausnahme der Anmeldung des Fahrtwunsches in gewohnter Weise genutzt werden kann. Das Anruflinientaxi ist tariflich und informationstechnisch in der Regel in das bestehende ÖPNV-Angebot integriert, sodass die Nutzung für Kundinnen und Kunden mit keinen zusätzlichen Kosten verbunden ist und bekannte Informationssystem (beispielsweise Websites oder Apps) genutzt werden können. 

Was ist für eine erfolgreiche Umsetzung zu beachten? 

Für die Einführung des Anruflinientaxis sind verschiedene Partnerinnen und Partner, wie der Aufgabenträger (in der Regel die Kommune), die Kämmerei das örtliche Verkehrsunternehmen sowie die lokalen Taxi- und Mietwagenunternehmen einzubinden. Zunächst müssen Untersuchungen durchgeführt werden, die die Gegebenheiten vor Ort (z. B. Bevölkerungsdichte, Siedlungsstruktur, Kundengruppen oder alternative Mobilitätsangebote) erfassen. Darüber hinaus ist es sinnvoll, unmittelbar mit den Bürgerinnen und Bürgern in einen Dialog zu treten, wenn beispielsweise speziell die Mobilität bestimmter Personengruppen (wie Seniorinnen und Senioren oder Familien) gefördert werden soll. Darauf aufbauend können zielgerichtete Mobilitäts- und Bedienkonzepte entwickelt werden, nach denen das Anruflinientaxi eingesetzt wird. Dies kann beispielsweise die Fokussierung auf nachfrageschwache Gebiete oder Tagesrandzeiten oder auch die Auswahl der Fahrzeuge betreffen. Die Grenzen zwischen den verschiedenen Bedienformen sind in der Praxis nicht immer trennscharf und stellen häufig eine Mischform aus Haltestellen- und Haustür-Bedienung dar. Grundlage für die Genehmigung von Anruflinienverkehren bildet das Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Aus Sicht der Kommune ist dabei insbesondere die Frage der Genehmigung des Anruflinientaxis als Linienverkehr nach § 42 PBefG sowie die Einbindung in bestehende Verkehrsverträge von Bedeutung. 

Im nächsten Schritt muss das Anruflinientaxi in den ÖPNV-Betrieb integriert und die Finanzierung sichergestellt werden. Zur Finanzierung können verschiedene Förderprogramme und Investitionshilfen genutzt werden, die durch den Bund und die Länder zur Verfügung gestellt werden. Weitere Informationen zu (lokalen) Förderprogrammen müssen vor Ort recherchiert werden, beispielsweise in der Fördermitteldatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Für die Einführung eines Anruflinientaxis werden in der Regel einmalige Einführungskosten (Entwicklungskosten, Planungskosten, Sachkosten) fällig. Da die Fahrgeldeinnahmen im laufenden Betrieb die Kosten häufig nicht decken, ergibt sich zudem ein fortlaufender Zuschussbedarf über den Zeitraum der Nutzung. Die absolute Höhe der Kosten ist durch eine Vielzahl an Faktoren, insbesondere die Angebotsausgestaltung, die durchschnittlich zurückgelegte Strecke sowie die Tarifpolitik, geprägt. Um das neue Angebot vor Ort bekannt zu machen und mögliche Berührungsängste abzubauen, bieten sich begleitende Kommunikations- und Marketingmaßnahmen an. Im weiteren Betrieb sollte aufmerksam beobachtet werden, welche Nutzungsverhalten sich einstellen und ob gegebenenfalls Optimierungsbedarf besteht.

Im Gegensatz zum klassischen Linienverkehr ist keine unangemeldete Nutzung möglich. Kundinnen und Kunden müssen ihre Fahrtwünsche in der Regel 30 bis 90 Minuten vor der fahrplanmäßigen Abfahrt anmelden, was ein Nutzungshemmnis darstellen kann. Auch wenn sich gegenüber einem schwach ausgelasteten Linienverkehr Kosteneinsparungen ergeben können, sind die Fahrgeldeinnahmen des Anruflinientaxi in der Regel nicht für einen kostendeckenden Betrieb ausreichend. Im Gegensatz zu Anruflinienbussen ist bei Anruflinientaxen der Aufgabenträger in der Regel auf die Kooperationsbereitschaft der örtlichen Taxi- und Mietwagenanbieter angewiesen, die in die betriebliche Organisation eingebunden werden müssen, um bspw. ein Vergütungssystem zu beschließen. Voraussetzung dafür ist ein leistungsstarkes Taxi- oder Mietwagengewerbe vor Ort.

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBSR), 2009: Handbuch zur Planung flexibler Bedienungsformen im ÖPNV. Zugriff: https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/ministerien/bmvbs/sonderveroeffentlichungen/2009/HandbuchPlanung.html [abgerufen am 24.11.2023].

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), 2016: Mobilitäts- und Angebotsstrategien in ländlichen Räumen. Zugriff: https://www.bmvi.de, Service, Publikationen [abgerufen am 24.11.2023].