Mitnahmemöglichkeiten von Fahrrädern im ÖV

Mann im Fahrradabteil einer Bahn.
Quelle: SrdjanPav / Getty Images

Was sind Fahrradmitnahmemöglichkeiten im ÖV?

Unter der Fahrradmitnahme im ÖV ist die Beförderung eines Fahrrads in Verbindung mit einer Person in öffentlichen Verkehrsmitteln zu verstehen. Die Fahrradmitnahme erleichtert intermodale Fahrten durch die Verknüpfung von Rad und öffentlichem Verkehr. Durch die geringe Besiedelungsdichte im ländlichen Raum ist insbesondere dort der Weg zur nächsten ÖPNV-Haltestelle häufig relativ lang. Haltestellen, die von der Haustür oder dem Ausgangspunkt der Fahrt fußläufig zu weit entfernt sind, lassen sich dennoch umweltfreundlich durch die Nutzung des Fahrrads erschließen. Bei einem zehnminütigen Weg zur Haltestelle vergrößert sich das kreisförmige Einzugsgebiet von Haltestellen durch die höhere Durchschnittsgeschwindigkeit des Radverkehrs von 1,5 Quadratkilometer (bei 4 km/h) im Fußverkehr auf 20 Quadratkilometer (bei 15 km/h) bei Fahrradnutzung.

Die Fahrradmitnahme ist in den meisten öffentlichen Verkehrsmitteln, in Intercity- und Eurocity-Zügen sowie auf ausgewählten Verbindungen in Intercity Express-Zügen gestattet. Im Fernverkehr ist neben der Fahrradkarte eine Stellplatzreservierung notwendig. Teilweise gibt es zeitliche Beschränkungen, v. a. morgens im Berufsverkehr. In Zügen sind oft Mehrzweckabteile für die Abstellung vorhanden. In Bussen gibt es ebenfalls häufig Mehrzweckbereiche, deren Platzangebot meist jedoch auf zwei Fahrräder begrenzt ist. Zudem ist der Platz vorrangig für Kinderwagen, Rollstühle und Rollatoren vorgesehen.

Insbesondere in Regionen mit ausgeprägtem Radtourismus bieten viele Verkehrsunternehmen an Wochenenden und Feiertagen in den Sommermonaten Fahrradheckträger oder Fahrradanhänger an den Bussen an, auf denen meist bis zu fünf (auf den Trägern) bzw. bis zu 20 Fahrräder (auf den Anhängern) transportiert werden können. Das Fahrpersonal hilft bei Bedarf bei der Verladung. Teilweise ist ein Zu- bzw. Ausstieg mit Fahrrad nur an ausgewählten Haltestellen möglich. Vorteilhaft für die Fahrradmitnahme ist der barrierefreie Ausbau der Haltestellen, durch den sich das Tragen des Fahrrads vermeiden lässt. 

Welche Vorteile bieten Fahrradmitnahmemöglichkeiten im ÖV?

Fahrradmitnahmemöglichkeiten im öffentlichen Verkehr bieten Fahrgästen, Gemeinden sowie den Verkehrsunternehmen vielfältige Vorteile: 

  • Insbesondere im ländlichen Raum mit dispersen Siedlungsstrukturen und größeren Haltestellenabständen sind die „erste Meile“ von der Haustür bis zur Haltestelle und die „letzte Meile“ von der Haltestelle bis zum Ziel häufig zu lang für einen Fußweg. Das Fahrrad bietet eine flexible, nachhaltige und kostengünstige Möglichkeit zur Überbrückung dieser ersten und letzten Meile. Die Fahrradmitnahme ermöglicht in dem Fall die Nutzung des öffentlichen Verkehrs unter Verzicht auf den Pkw und stärkt somit den Umweltverbund.
  • Die Fahrradmitnahme ermöglicht es, Streckenabschnitte, die aufgrund fehlender Radwege oder einer anspruchsvollen Topografie schlecht per Fahrrad zurückgelegt werden können, mit dem öffentlichen Verkehr zu überbrücken. Bei einer häufigeren Fahrradmitnahme bieten sich dazu ggf. Klappräder an, die als Handgepäck zählen und in der Regel kostenlos mitgenommen werden können.
  • Der Tourenradius für touristische und sonstige Ausflüge wird durch die Fahrradmitnahme deutlich erweitert, indem längere Strecken per Fahrrad zurückgelegt und das Fahrrad anschließend im öffentlichen Verkehrsmittel wieder zum Ausgangspunkt zurück transportiert werden kann. 
  • Gemeinden profitieren von einem geringeren motorisierten Individualverkehrsaufkommen und niedrigeren Emissionen sowie einer gesteigerten Erreichbarkeit und Attraktivität durch die verbesserte Nutzbarkeit des öffentlichen Verkehrsangebotes auf den Hauptachsen. Zudem verringert sich der Parkplatzbedarf im Haltestellenumfeld.
  • Verkehrsunternehmen bietet sich über die Fahrradmitnahme die Chance, neue Kundinnen und Kunden zu gewinnen und damit verbunden Mehreinnahmen zu erzielen, die je nach vertraglicher Gestaltung indirekt auch den Gemeinden bei der Finanzierung des öffentlichen Verkehrs zugutekommen.

Was ist für eine erfolgreiche Umsetzung zu beachten?

Die Fahrradmitnahme muss zum einen tariflich gestaltet werden, beispielsweise durch zeitlich begrenzte kostenlose Mitnahmemöglichkeiten. Zum anderen müssen physisch entsprechende Transportmöglichkeiten geschaffen werden, beispielsweise durch Fahrradanhänger an den Bussen. Zudem kann bei der Neubeschaffung von Bussen auf großzügige Stellflächen geachtet werden. Die Fahrradmitnahme sollte eingebunden sein in übergeordnete Mobilitätskonzepte. Beispielsweise kann sie Nahverkehrspläne, Radverkehrskonzepte, Tourismuskonzepte, Masterpläne für die Nahmobilität oder Klimaschutzkonzepte betreffen. Die Einführung von Fahrradanhängern an Bussen kann die Gemeinde nur in Kooperation mit den Verkehrsunternehmen umsetzen. Daher sollte ein Fokus auf die Kooperation aller relevanten Akteure gelegt werden. Ein runder Tisch oder auch regelmäßige Arbeitsgruppen mit Vertreterinnen und Vertretern der Gemeinde aus den betreffenden Verwaltungsbereichen (z. B. ÖPNV, Tourismusförderung, Kämmerei), den Verkehrsunternehmen, Aufgabenträgern, der Tarifgemeinschaft und regionalen Tourismusverbänden können diese fördern. Verkehrlich ist häufig eine größere räumliche Betrachtung sinnvoll, daher sollten auch die Nachbargemeinden bzw. Kreise mit einbezogen werden.

Eine zielgerichtete Öffentlichkeitsarbeit unterstützt zudem eine erfolgreiche Umsetzung. Nur wenn die Bürgerinnen und Bürger bzw. die Gäste die Angebote und ihren Nutzen kennen, können sie diese auch entsprechend nutzen. Als Umsetzungshilfen bieten sich Veröffentlichungen auf den Homepages der Gemeinde, der Verkehrsunternehmen, der Tourismusverbände und auch der Beherbergungsbetriebe sowie Berichterstattung in der lokalen Presse an. Daneben können die Erstellung und Verteilung von Broschüren und Flyern die Erhöhung des Bekanntheitsgrades unterstützen.

Aufgrund des begrenzten Platzangebotes birgt die Fahrradmitnahme ein Konfliktpotenzial zwischen den Fahrgästen als auch Herausforderungen für die Betreiberinnen und Betreiber. Daher sollten klare und transparente Regeln (Vorrangregelungen bezüglich Rollstühlen, Rollatoren, Kinderwagen, Fahrrädern und, sofern notwendig, zeitlichen Begrenzungen) aufgestellt und kommuniziert werden. Betrieblich verlängern sich durch die Fahrradmitnahme meist die Ein- und Ausstiegszeiten, insbesondere bei Fahrradanhängern und -trägern, wenn das Fahrpersonal bei der Be- und Entladung unterstützt. Hierdurch steigt auch das Risiko für Verspätungen. Insbesondere bei Bussen mit Fahrradanhängern und -trägern kann dies durch die Begrenzung des Zu- und Ausstiegs mit Fahrrad auf ausgewählte Haltestellen und ausreichende Puffer im Fahrplan reduziert werden. Insbesondere bei einer kostenlosen Mitnahmemöglichkeit besteht das Risiko, dass Fahrräder teilweise auch mitgenommen werden, weil Abstellmöglichkeiten an der Einstiegshaltestelle fehlen und nicht, weil die Räder im Anschluss an die Fahrt mit dem öffentlichen Verkehr noch benötigt werden. Hier sollten die Ursachen beseitigt und bessere Radabstellanlagen oder Bike and Ride-Anlagen geschaffen werden, um überflüssige Mitnahmen zu vermeiden. Sofern das Fahrrad ausschließlich am Zielort benötigt wird, können Fahrradboxen und Verleihsysteme eine Alternative zur Mitnahme im öffentlichen Verkehr darstellen. Daher sollte die Maßnahme Fahrradmitnahmemöglichkeiten in übergeordnete Planungen (u. a. Nahverkehrsplan, Radverkehrskonzepte, Tourismuskonzepte) eingebettet und bei Maßnahmen wie dem Bike and Ride-Anlagenausbau mitberücksichtigt werden.  

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC), o. J.: Fahrrad in öffentlichen Verkehrsmitteln. Zugriff: www.adfc-nrw.de [abgerufen am 08.04.2020].

Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), o. J.: Konfliktlösung zwischen Verkehrsteilnehmenden bei der Fahrradmitnahme im ÖPNV. Zugriff: www.nationaler-radverkehrsplan.de, Praxis [zuletzt abgerufen am 01.10.2021].*

Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), o. J.: Verkehrsverbund Oberelbe (VVO): Mehr Radfahrer nutzen Busse mit Fahrradanhänger. Zugriff: www.nationaler-radverkehrsplan.de, Praxis [zuletzt abgerufen am 01.10.2021].*

Darmstadt-Diebuger Nahverkehrsorganisation (DADINA), 2011: Bike and Ride Konzept. Zugriff: https://docplayer.org/47074429-Abschlussbericht-quelle-dadina.html [abgerufen am 22.12.2023].

Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, 2016: Radstrategie Baden-Württemberg. Zugriff: hhttps://vm.baden-wuerttemberg.de/, Service, Publikationen [abgerufen am 23.12.2023].

Verbundgesellschaft Paderborn/Höxter mbH, o. J.: Fahrradmitnahme. Zugriff: www.fahr-mit.de, fahr mit - Service für Bus, Bahn Rad und Auto, Fahrradmitnahme [abgerufen am 22.12.2023].

* Hinweis: Mit dem Ende der Projektförderung wird das Fahrradportal www.nrvp.de nicht mehr aktualisiert. Die bestehenden Seiten sind seit Anfang 2022 nicht mehr verfügbar.