Bahnradweg

Was ist ein Bahnradweg?

Bei einem Bahnradweg (auch Bahntrassenradweg genannt) handelt es sich um einen Fahrradweg (im Einzelfall auch ein Radschnellweg) auf einer stillgelegten und umgewandelten Bahntrasse mit einer meist durchgängig und barrierefreien Befahrbarkeit der Strecke. Durch die Umwidmung und alternative Nutzung nicht mehr benötigter Bahnflächen bzw. ehemaliger Bahnstrecken entstehen sichere und direkte Radwegeverbindungen, die ein großes Potenzial für den Radverkehr bedeuten. Insbesondere durch die Zusammenfügung solcher Bahnradwege mit bereits bestehenden Radwegen wird das bestehende regionale Radwegenetz sinnvoll ergänzt und das Verkehrssystem insgesamt gestärkt. Unterschieden wird zwischen Radwegen mit überwiegend touristischer Funktion und Radwegen mit überwiegender Alltagsfunktion.

Bahnradwege stellen oft eine attraktive Radverkehrsverbindung dar. Merkmale wie z. B. markante Brückenkonstruktionen oder Kunstinstallationen am Radweg können die Gestaltungsqualität des Bahnradweges zusätzlich erhöhen.

Welche Vorteile bietet ein Bahnradweg?

Bahnradwege bzw. attraktive Radwege insgesamt schaffen einen Anreiz zu gesunder Bewegung im Freien und damit auch zu alternativen Fortbewegungsformen. Die entlang einer ehemaligen Bahnstrecke verlaufende Streckenführung bedeutet häufig ein komfortables Fahrgefühl ohne oder mit nur geringen Steigungsraten. Bahnradwege verdichten außerdem das vorhandene Radverkehrsnetz, schaffen einen Anreiz zum Umstieg vom MIV und leisten einen besonderen Beitrag zur Entlastung der Umwelt. Stadtteile und Ortszentren können bei entsprechender Trassenlegung attraktiv und verkehrssicher miteinander verbunden werden, da es kaum Störungen durch andere Nutzungen wie Kfz-Verkehr, Ein- und Ausfahrten oder Wirtschaftsverkehr gibt. Höhengleiches Kreuzen mit befahrenen Straßen entfällt weitgehend. Außerdem können bei entsprechendem Routenverlauf des Bahnradweges Wohngebiete auf kurzem Weg mit den örtlichen öffentlichen Einrichtungen verbunden werden. Radwege auf Bahnstrecken können damit auch sichere Schulwege für Kinder bedeuten.

Neben der alltäglichen Nutzung von Bahnradwegen durch die örtliche Bevölkerung kann auch der Tourismus profitieren, da die Streckenverläufe landschaftlich reizvoll sein können. Bahnradwege sind in der Regel:

  • verkehrssicher
  • generationengerecht
  • gesundheits- und fitnessfördernd
  • umwelt- und klimaverträglich
  • Naherholung und Erlebnisort
  • infrastrukturelle Qualitätssteigerung
  • Standortmarketing und -förderung
  • Ausdruck kommunalpolitischen Gestaltungswillens

Was ist für eine erfolgreiche Umsetzung zu beachten?

Für die erfolgreiche Umsetzung muss zunächst das entlang der stillgelegten Bahnstrecke durchgehende Liegenschaftsband erworben werden, damit eine Radwegenutzung initiiert werden kann. In der Regel befindet sich die Bahnstrecke im Eigentum der Deutschen Bahn AG, die wiederum mit den interessierten Akteuren (Kommunen, Landkreise etc.) Einvernehmen über den Grunderwerb herstellen muss.

Die Nutzung einer Bahntrasse für den Radverkehr setzt als Mindestvoraussetzung zwingend deren Stilllegung nach § 11 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) voraus. Im Anschluss an ein erfolgreich abgeschlossenes Streckenstilllegungsverfahren wird der Zugverkehr auf der Strecke eingestellt und dauerhaft ausgeschlossen. Danach strebt die Deutsche Bahn AG einen Grundstücksverkauf an, wofür die bahnbetriebliche Nutzung einer alten Trasse völlig ausgeschlossen werden und neben der Stilllegung auch eine endgültige Entwidmung bzw. körperliche Trennung erfolgen muss.

Kommunalpolitische Voraussetzungen zur Nachnutzung stillgelegter Strecken sind:

  • Identifizieren der materiellen und ideellen Werte (Grundbesitz in einem Stück, Anlagenkapital, nivelliertes Streckenprofil, separate Verkehrsführung)
  • Erhalt und (förmliche) Sicherung der vorhandenen Grundwerte (Erhalt des Streckenprofils, der Durchgängigkeit und der Brücken/Tunnel/Durchlässe)
  • Erhalt des Trassenbandes (somit bleiben Entwicklungsmöglichkeiten für evtl. spätere Rücknutzung als Bahntrasse erhalten)
  • Identifizieren der verkehrlichen und touristischen Potenziale der ehemaligen Bahntrasse
  • Erarbeitung von Nachnutzungskonzepten
  • Suche nach Verantwortungsträgern

Neben allgemeinen baulichen Anforderungen für den Ausbau eines (Bahn)Radweges, gibt es spezielle Anforderungen an die Ausstattung (begleitende Infrastruktur) sowie an die Anbindung des Bahnradweges an das vorhandene Radwegenetz. Aus der Art der Verbindungsfunktion eines Radweges leiten sich die speziellen Anforderungen ab. Entsprechend ihrer Typisierung nach Radwegen mit überwiegend touristischer Funktion und Radwegen mit überwiegender Alltagsfunktion sind spezielle Anforderungen in Art und Umfang der Infrastruktur sowie der räumlichen Anbindung notwendig. Zu beachten ist, dass während seines Verlaufes ein Radweg durchaus den Charakter wechseln kann; auch können sich die Nutzungstypen streckenweise überlagern. Daher ist es für die Planung entscheidend, im Vorfeld die Abschnitte richtig einzuschätzen und dementsprechend die Infrastruktur und Einbindung in das Umfeld vorzusehen.

Um die Nutzungsänderung einer Bahnstrecke hin zu einem Bahnradweg anzugehen, müssen die folgenden Aspekte geklärt werden:

  • Finanzierung und Förderung
  • Träger der Baumaßnahme
  • Ggf. Förderantrag
  • Baukosten des Radweges
  • Ggfs. ADFC-Zertifizierung
  • Umgang mit Kunstbauwerken
  • Schotterproben und Bodenuntersuchung
  • Landschafts- und Artenschutz
  • Wertermittlung
  • Kaufvertrag der Deutschen Bahn AG
  • Abbindung und Freistellung

Bei dem Bau eines Bahnradweges lassen sich parallel zum Trassenverlauf sehr gut Leitungsverbindungen verlegen und damit Spielräume für zukünftige Erfordernisse im Bereich Energieversorgung mitberücksichtigen.

Für den Bau und die Finanzierung von Bahnradwegen sind insbesondere die mit dem Straßenbau befassten Behörden auf kommunaler, regionaler und Landesebene zuständig. Auch bürgerschaftliches Engagement kann die Umsetzung bzw. den Bau von Bahnradwegen anstoßen. Ergänzend können z. B. Fördermittel der Europäischen Union im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) beantragt werden.

Bei der Umsetzung sind vor allem die Koordinierung der Planung und des Baus der häufig überregional verlaufenden Bahnradwegtrassen sowie der initiale Grunderwerb der betreffenden Flächen entlang des Streckenverlaufs entscheidend.

ADFC NRW, 2009: Alleenradwege NRW, Empfehlungen zur Planung und zum Ausbau. Auszug aus: Analyse bundesweiter Radwege auf stillgelegten Bahnstrecken und Ableitung von Empfehlungen zur Planung und zum Ausbau der Alleenradwege in NRW (2008). Zugriff: https://orlis.difu.de/handle/difu/126742 [abgerufen am 18.01.2024].

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Bartoschek, Achim, 2018: Bahntrassenwege in Europa – eine Bestandsaufnahme. Zugriff: http://www.bahntrassenradeln.de/, Bahntrassenwege in Europa [abgerufen am 18.01.2024].

Bundesamt für Logistik und Mobilität, Mobilitätsforum Bund, 2008: Prozessbegleitung und Handlungsempfehlungen zur Reaktivierung stillgelegter Bahntrassen für den Radverkehr. Zugriff: https://www.mobilitaetsforum.bund.de/DE/Themen/Wissenspool/Projekte/Projektbeispiele/Projekte/12080_prozessbegleitung_und_handlungsempfehlun.html#vt-sprg-3 [abgerufen am 18.01.2024].

Deutscher Bundestag, 2021: Einrichtung temporärer Fahrradwege auf stillgelegten Bahntrassen. Zugriff: https://www.bundestag.de/resource/blob/835482/9e16e098ab3c46ef728d8ac4c46c7999/WD-5-002-21-pdf-data.pdf [abgerufen am 18.01.2024].

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